Im Sommer draußen treffen – auch in Zukunft
Vor drei Jahren hat Dr. Gisela „Gisi“ Baumann gemerkt, dass Politik was für sie sein könnte. Sie trat in den kleinen Ortsverband der Grünen in der Brandenburger Spargelstadt Beelitz ein. Heute ist sie im Vorstand, bietet unter dem Motto „Ab nach draußen!“ Spaziergänge rund um Beelitz an, schreibt für die Webseite und das Lokalblatt der Stadt. Seit Juni 2024 ist sie außerdem Stadtverordnete – die einzige ihrer Partei. Als Wahlkreismitarbeiterin im Büro des grünen Landtagsabgeordneten Thomas von Gizycki ist sie Ansprechpartnerin für die Menschen vor Ort, organisiert – mitten in Beelitz – Ausstellungen und Treffen, begleitet den Abgeordneten bei Sommertouren und Vor-Ort-Terminen oder moderiert auch schon mal einen Kino-Abend mit Diskussion.
Die junge Politikerin kommt mit ihrem offenen Gesicht und ihrer unaufgeregten Art gut an bei den Menschen in Beelitz. Die Leute wählen sie. „Da war ich selbst etwas überrascht, weil ich nicht von hier komme und als Lehrerin auswärts arbeite“, sagt sie. „Durch meine politische Arbeit hier vor Ort komme ich immer wieder mit Menschen in Kontakt, die selbst etwas reißen wollen und unglaublich aktiv sind. Solche Menschen motivieren mich. Viele sind mir ans Herz gewachsen.“, so Baumann.
Als Stadtverordnete hat sie den Vorsitz im Umweltausschuss inne und wirkt im Bauausschuss mit. „Da werden die Themen diskutiert, die in Zukunft entscheidend für unser Zusammenleben sind, wo wir den Hebel ansetzen müssen.“ Energiefragen, Klimaschutz, neue Gebäude, Verkehr – als Grundschullehrerin hat Baumann jeden Tag die Zukunft vor Augen und setzt eine nachhaltige Stadtentwicklung ganz oben auf ihre Agenda: „Ich will, dass wir uns in Beelitz auch in Zukunft im Sommer draußen treffen können.“
Ein Job weniger nach der Wahl
Gisela Baumann möchte der Weltuntergangsstimmung, die die Politik aktuell umgibt, positive Themen entgegensetzen. Sie will die Menschen zu gemeinsamen Begegnungen bewegen. Aktuell ist Optimismus auch dringend nötig. Ende Oktober läuft ihr Zweitjob im Landtagsbüro aus. Nach den Landtagswahlen wird es in den nächsten fünf Jahren keine grünen Landtagsabgeordneten in Brandenburg mehr geben. Der Frauenanteil im Landtag sinkt auf nicht mal mehr ein Drittel. Brandenburg rutscht im bundesweiten Vergleich der parlamentarischen Frauenquoten vom vierten auf den siebten Platz ab.
Die Wahlergebnisse haben den Optimismus der gebürtigen Thüringerin getrübt. So viel Energie sie versprüht, wenn sie über ihre kommunalpolitische Arbeit spricht, die jüngsten Entwicklungen zeichnen Sorgenfalten auf ihr Gesicht. „In der Politik fehlt total die weibliche Perspektive, Frauen in den Dreißigern und Vierzigern, die selbst Familie haben. Ich bin sicher, wir hätten in den Städten zum Beispiel eine viel sinnvollere Verkehrsaufteilung. Einfach, weil Frauen anders unterwegs sind, zum Beispiel am Tag mehr Ziele ansteuern und verschiedene Verkehrsmittel kombinieren.“
Ohne Netzwerk ist alles nichts
Die Kommunalpolitikerin wünscht sich sehr, dass sich mehr Frauen in der Politik engagieren. Schon 2021 ist sie Parteimitglied der Grünen geworden. Ein Mandat in Betracht zu ziehen, das hat sie erst im Gespräch mit anderen Politikerinnen entschieden. „Im Mentoring-Programm von Frauen aufs Podium habe ich andere Frauen getroffen, die sich ebenfalls der Frage gestellt haben, ob die aktive Politik etwas für sie ist“, sagt sie. Das überparteilich zu besprechen, andere Power-Frauen kennenzulernen und zu sehen, dass das alles kein Hexenwerk ist – erst das habe sie dazu gebracht, aktiv zu werden. Der Kontakt zu ihrer Mentorin Alexandra Pichl, Landesvorsitzende der Grünen, ist ihr bis heute erhalten geblieben.
Bei den Veranstaltungen von Frauen aufs Podium hat Gisela Baumann auch Klara Geywitz kennengelernt. Das war in der Zeit vor Ihrem Amt als Bauministerin. Noch heute motiviert sie diese Frau als Vorbild. Politik für sich entdecken, orientieren, abwägen, Vorbilder finden, seinen Weg gehen, schwierige Situationen bewältigen – das geht eben nur gemeinsam mit einem Netzwerk.