Am 26. Mai 2019 wird in Deutschland für das europäische Parlament gewählt. Die Europawahlen finden alle fünf Jahre statt. Als überzeugte Europäerin bin ich schon immer wählen gegangen. Warum Europa? Weil es nach wie vor eine einmalige Idee zur Zusammenarbeit von vielen Ländern und Nationen ist. Auch wenn der Schwerpunkt eindeutig die Erleichterung wirtschaftlicher Beziehungen ist, kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass sich Europa seit Gründung der Gemeinschaft immer wieder als Vorreiter für die Gleichstellung bewiesen hat. Die EU hat maßgeblich dazu beigetragen, dass in den Mitgliedstaaten die Benachteiligung von Frauen abgebaut, ihre Gesundheit geschützt und ihr Recht auf Selbstbestimmung gestärkt wird. Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz gehen ebenso auf verschiedene EU-Richtlinien zurück, wie das Entgelttransparenzgesetz. Dank der Vereinbarkeits-Richtlinie ist die Anzahl der Väter, die sich eine Auszeit für die Familie nehmen merklich gestiegen. Auch die gleichen Krankenkassenbeiträge für Frauen und Männer hat die EU durchgesetzt.

Doch noch sind wir nicht am Ziel – auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene sind Frauen in Entscheidungspositionen immer noch schwach vertreten.1 So gibt es nur in drei von 23 parlamentarischen Ausschüssen einen Frauenanteil von 50%. Einer hiervon der Ausschuss für die Rechte der Frau und Gleichstellung der Geschlechter mit 81,1% weiblicher Besetzung. Die EU hat das selbst gemerkt und 2018 eine eigenständige EU-Gleichstellungsstrategie mit dem schönen Titel „Gleichberechtigung als Priorität der EU“ beschlossen. Darin wird gefordert, Gleichstellungsfragen künftig nicht nur als Querschnittsaufgabe zu berücksichtigen, sondern auch zu einem eigenständigen Politikziel zu machen. Obwohl im EU-Parlament der Anteil von Frauen seit der ersten Wahl 1979 stetig wächst – von 16,6 Prozent auf aktuell 36,1 Prozent, erhöhte sich nach der letzten Europawahlen der Anteil der weiblichen Abgeordneten nur um 1%. Das kommt dies nicht von ungefähr: In jedem nationalen Parlament der EU sitzen mehr Männer als Frauen. Im deutschen Bundestag beträgt der Anteil an Frauen momentan 30,9 Prozent. 

Zu den Gründen für die Unterrepräsentierung von Frauen gehören das Fehlen von Ressourcen, wie Geld und politische Netzwerke, eine von Männern dominierte politische Kultur sowie Vorurteile und Stereotypen gegenüber Frauen in der Politik. Möglichkeiten mehr Frauen in die Politik zu bekommen könnte durch gesetzliche oder freiwillige Quoten sowie Wahlrechtsänderungen erreicht werden. In der Forschung ist gut belegt, dass Verhältniswahlsysteme »frauenfreundlicher« sind. Auch der Einfluss der Medienpräsenz ist wichtig. Bei derzeitigen Erklärvideos zur Europawahl 2019 gibt es Männer, die sich Chris und Moritz nennen und sich um die Europawahlen viele Gedanken machen. Frauen kommen hier gar nicht oder nur am Rande vor. Klar ist, wenn häufiger über weibliche Kandidaten berichtet wird, werden auch mehr Frauen gewählt.

Wer nicht weiß, worüber in der EU entschieden wird oder was er oder sie wählen soll, kann sich selbst testen – mit dem Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für Politische Bildung. Soll sich die EU höhere Ziele zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes setzen? Brauchen wir eine stärkere Begrenzung der Fangmengen für die europäische Fischerei? Und so weiter. Ich habe mich getestet. Und was kam raus? DIE FRAUEN – eine feministische Partei – von der ich noch nie etwas gehört hatte.