„Bürgermeisterinnen im Fokus“

Am 09. Februar diesen Jahres startet der programmatische Teil unseres Modellprojekts „Bürgermeisterinnen im Fokus“ für den Freistaat Sachsen mit einer großen Auftaktveranstaltung in Meißen.  Ziel des zweijährigen Modellprojektes ist es Bürgermeisterinnen durch gezielte Workshopangebote bestmöglich zu unterstützen, ihnen bessere Vernetzungs- und Austauschmöglichkeiten zu schaffen und mehr Frauen für dieses wichtige Amt zu begeistern. Im Vorfeld entwickelten wir eine Online-Umfrage, die uns dabei helfen sollte, unser Programm passgenau auf die Lebensrealitäten und Bedürfnisse der sächsischen Frauen in der Kommunalpolitik auszurichten.

Die Datenerhebung fand von November bis Dezember 2023 statt und richtete sich an Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Ortsvorsteherinnen in Sachsen. Insgesamt nahmen 76 Personen (darunter 25 Bürgermeisterinnen, 24 Bürgermeister, 12 Stellvertreterinnen, 11 Ortsvorstehende, 1 Ehemalige Bürgermeisterin, 3 Kandidatinnen) an ihr teil.

Wie ticken Bürgermeister:innen, wie erleben sie das Amt, was sind die Herausforderungen und was ist Ihnen wichtig?

Unsere Umfrage ergab, dass amtierende Bürgermeisterinnen sich vorwiegend aus eigenem Entschluss für das Bürgermeisterinnenamt motivierten. Auch Ansprachen aus dem eigenen Umfeld und konkrete Anliegen wurden bezüglich des Entschlusses für die Kandidatur genannt. Letzteres konnte verstärkt bei Ortsvorsteher:innen beobachtet werden.

Das Fehlen von weiblichen Vorbildern in der Kommunalpolitik, die Vereinbarkeit von Familie und politischen Engagement, unzureichende Wahlkampfunterstützung und fehlende Akzeptanz von Frauen in der Kommunalpolitik waren die Herausforderungen, vor welche sich die Teilnehmerinnen unserer Umfrage gestellt fühlten.

Unterstützung erfuhren die Teilnehmer:innen während ihrer Kandidatur vor allem durch ihr Familie und ihre Partner:innen. Der Erfolgsfaktor der guten Bekanntheit vor Ort wurde hierbei auffallend öfter von Männern als von Frauen angegeben. Frauen gaben dem hingegen verstärkt an, dass „ihr eigener Wille, gewählt zu werden“ sie sehr während ihres Wahlkampfs unterstützte.

Die feinen Unterschiede

In unserer Umfrage wollten wir von unseren weiblichen Teilnehmerinnen mithilfe einer offenen Frage zudem wissen, ob sie glauben, dass sie als Frauen in der Politik andere Prioritäten setzen als ihre männlichen Kollegen. Wenig überraschend wurde auf diese Frage oft mit „Ja“ geantwortet.  „Mehr Kommunikation, Dialogsuche und Moderation“ wurden beispielsweise als Unterscheidungsmerkmale genannt, aber auch eine „andere Herangehensweise an Themen, Lösungsorientierung, Kompromissbereitschaft, Kooperation & ausgewogenere Politik und nachhaltigere Entscheidungen“ oder ein „besseres Gefühl für Belange der Bürger und Gesellschaft und mehr Beteiligung (auf Augenhöhe mit dem Bürger, auch Menschlichkeit und Miteinander)“.

Herausforderungen und Hürden für Kommunalpolitiker:innen

Um einen kleinen Überblick darüber zu bekommen, welche Aspekte Bürgermeisterinnen in Sachsen die Ausführung ihres Amtes bzw. die Kandidatur dafür erschweren, erfragten wir, mit welchen Hürden und Hindernissen sie sich konfrontiert fühlen.

Als besondere persönliche Belastungen wurde als erstes eine hohe Arbeitsbelastung angegeben, dicht gefolgt von den hohen Erwartungshaltungen von Bevölkerung und anderen kommunalpolitischen Akteur:innen.  Schwierige Finanzlagen der Kommunen, das Voranbringen der Digitalisierung und funktionale Beeinträchtigungen der Kommunalverwaltungen stellen die größten Herausforderungen bei der Ausführung des Amts dar.

Alter Rollenkonflikt – aktuelles Thema!

Auch wenn es sich bei unserer Umfrage mit 76 Teilnehmer:innen nur um eine kleine Datenerhebung handelt, kristallisiert sich aus den Antworten eindeutig ein altes Rollenbild heraus: Frauen als einfühlsamere, kommunikativere und kompromissbereitere Akteurinnen im Vergleich zu Männern. Was an dieser Stelle zuerst nach positiven Eigenschaften, aus welchen sich für die Frauen Vorteile ergeben müssten, klingt, steht Frauen in ihrer politischen und beruflichen Karriere oft im Weg: So fällt in Familien die Haus- und Sorgearbeit auch heute meistens noch auf die Frauen zurück, die dann entweder eine Doppelbelastung oder gar Dreifachbelastung in Kauf nehmen müssen oder ihrer Karriereambitionen wieder zurückschrauben. In unserer Umfrage kommt der eigenen Familie dabei auch eine Doppelrolle zu: Auf der einen Seite wurde die Vereinbarkeit von Kommunalpolitik und Familie problematisiert, aber auf der anderen Seite nehmen die Frauen ihre Partner:innen und ihre Familie als grundlegende Unterstützung im Wahlkampf wahr.

Die vermeintliche Zuständigkeit von Frauen für die Familie bringt auch einen weiteren Nachteil für ambitionierte Frauen: Das alte Rollenbild, dass Frauen ausschließlich für Haushalt und Kinderversorgung und –erziehung zuständig seien, ist auch in Zeiten der Emanzipation noch in vielen Köpfen vorhanden. Wie auch in unserer Umfrage deutlich wurde, führt dies oft dazu, dass Frauen in verantwortungsvollen Positionen, wie die der Bürgermeisterin oder der Ortsvorsteherin, nur schwer akzeptiert, als „fehl am Platz“ gelten und auf ihnen ein höher Druck lastet, sich beweisen zu müssen. Hinzu kommt auch, dass die Kommunalpolitik, insbesondere in ländlichen Gegenden, vorwiegend männlich geprägt ist und daher in inhaltlichen aber auch organisatorischen Fragen weibliche Perspektiven oft nicht gesehen werden.

Aus Nöten Tugenden machen – Oder was können wir tun?

Wir von Frauen aufs Podium habe eine Mission: Wir möchten Frauen dazu ermutigen, sich politisch zu engagieren und ihren Stimmen Gehör zu verschaffen. Frauen, die bereits ein kommunalpolitisches Amt innehaben, wollen wir mit unseren Angeboten stärken und ihnen zu weiteren Erfolgen verhelfen. Unser Programm „Bürgermeisterinnen im Fokus“ soll genau dies erreichen mit Workshops zu Themen wie Mental Health, Umgang mit der Presse und Macht; Supervision- und Austauschangebote für Bürgermeisterinnen; einem Mentoringprogramm und sachsenweiten überregionalen Netzwerkabenden.

Denn eines ist sicher:

“Ohne Frauen geht es nicht. Das hat sogar Gott einsehen müssen.“
– Eleonora Duse

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2024-02-12T17:06:31+01:00

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