Frauen* sind in Deutschland immer noch nicht gleichberechtigt, das wissen wir bereits. Doch im Engagement für die Gleichstellung der Frau* und im Feminismus werden Trans*Frauen häufig vergessen oder sogar diskriminiert. Oft weist das Gender-Sternchen hinter dem Begriff Frau* darauf hin, dass hier alle Personen, die sich als Frau fühlen, eingeschlossen werden. Dennoch werden Trans*Frauen in vielen Lebenslagen übersehen, zu wenig repräsentiert und Mehrfachdiskriminierung ausgesetzt.
Mit der sogenannten „Dritten Option“ ebnete Deutschland Ende 2018 den Weg, das binäre Geschlechtsmodell abzuschaffen. Intersexuelle Menschen haben nun die Möglichkeit „divers“ als Option beim Eintrag in das Personenstandsregister zu wählen. Ein guter Schritt in die richtige Richtung, würde man annehmen. Allerdings wird das Geschlecht „divers“ von der ärztlichen Attestierung der „Variante der Geschlechtsentwicklung“, also ausschließlich von körperlichen Merkmalen, festgelegt. Trans* Personen werden hier ausdrücklich ausgeschlossen.
Wie werden Trans*Frauen in Deutschland geschützt und unterstützt?
Die Gleichstellung von Trans*Personen und Trans*Frauen wird im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), unter dem Schutzgrund „Geschlecht“ bzw. „sexuelle Identität“, erfasst. Problematisch hierbei ist, dass das Gesetz nur bei Trans*Personen mit vollständiger hormoneller und operativer Geschlechtsangleichung in Kraft tritt.
Das bedeutet, dass bereits im deutschen Bundesgesetz, Trans*Frauen, die sich keiner Operation unterziehen, in einer Grauzone landen und somit benachteiligt werden. Auch das Transsexuellengesetz (TSG) wird im Zuge der Selbstbestimmung stark kritisiert. Das seit 1981 in Kraft getretene Gesetz legt den Ablauf des Vermerkes des Geschlechtes in Ausweisdokumenten fest. Personen, die nicht mit ihrem biologischen Geschlecht übereinstimmen und dies sowie ihren Vornamen offiziell ändern möchten, müssen jeweils mit Psychologen für zwei Gutachten und einem Richter sprechen. Nicht nur ist dieses Verfahren langwierig und teuer, auch leiden die Betroffenen psychisch sehr darunter, in dem ihnen intime und private Fragen zu Kindheit, Partnern und sexuellen Präferenzen gestellt werden.
Das TSG behauptet, Transsexualität sei eine psychische Erkrankung und verhindert somit die Akzeptanz von Trans*Personen in der Gesellschaft. Die Diskriminierung und Stigmatisierung von Trans*Frauen kann somit schlechter erkannt und angegangen werden.
Mehrfachdiskriminierung gehört zum Alltag
Trans*Frauen werden in ihrem Leben und während ihres Coming-Out oft von Transmisogynie begleitet. Transmisogynie beinhaltet die Diskriminierung aufgrund des „trans- und frau-seins“. Oft wird ihnen durch die Gesellschaft auf der einen Seite das „Frau sein“ abgesprochen, das heißt sie werden weiterhin als Mann gesehen, der nicht „männlich“ genug ist (toxische Männlichkeit) und auf der anderen Seite werden sie exotisiert und fetischisiert.
Selbst bei den alltäglichsten Dingen, wie dem Gang zur Toilette, erfahren Trans*Männer und *Frauen in der Öffentlichkeit Diskriminierung. Oft werden Sanitärräume nach zwei Geschlechtern „Mann“ und „Frau“ aufgestellt. Hier birgt sich die Gefahr, dass Personen vor allem in der Transitionsphase durch den „äußeren Eindruck“ Anfeindungen erfahren. Das gleiche Prinzip findet sich beispielsweise auch bei den Sicherheitskontrollen an Flughäfen wieder. Hier gilt nach § 43 Abs. 4 BPolG, dass Reisende nur „von Personen gleichen Geschlechts oder von Ärzten durchsucht“ werden dürfen. Es stellt sich natürlich die Frage, welchen Geschlechts werden nun Trans*Personen in ihrer Transitionsphase zugeordnet? Falls eine Trans*Frau den Eintrag ihres Geschlechts in ihrem Ausweisdokument noch nicht vornehmen konnte, wird sie dann gegen ihren Willen und Wunsch von einem Mann durchsucht? In vielen Lebenslagen finden sich also Diskriminierungspotentiale, durch die Trans*Frauen und *Männer psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt werden.
Auch innerhalb des Feminismus gibt es transphobe und transmisogynistische Strömungen. Die extremste Form hierbei ist der sogenannte TERF: Trans Exclusionary Radical Feminism. Trans* Personen werden kategorisch ausgeschlossen und vor allem Trans*Frauen leiden sehr darunter, in dem ihnen (Schutz-) Räume, die für cis-Frauen vorgesehen sind, vorenthalten werden. Frauen, die diese extremste Form des Feminismus ausleben, behaupten, dass Trans*Frauen eine Gefahr darstellen, da sie den cis-Frauen ihre Sozialisation absprechen und in ihrem bisherigen Leben nur die „männliche Sozialisation“ erfahren haben. Diese Argumentation jedoch ignoriert die unterschiedlichen Erfahrungen, auch von cis-Frauen, die von Rassismus, Klassismus und jeder anderen Form von Diskriminierung geprägt oder eben nicht geprägt werden.
Trans*Frauen in der Politik
Wie es auch Frauen aufs Podium formuliert, mehr Frauen in der Politik bedeutet die gleiche Vertretung ihrer Interessen. Das gilt auch für Trans*Frauen, deren Lebensrealitäten und Probleme sichtbarer gemacht werden müssen. Daten zu den in der Politik tätigen Frauen* mit Transgenderhintergrund existieren in Deutschland nicht. Dies beweist hier schon die fehlende Sichtbarkeit von Trans*Menschen.
Tessa Ganserer, Mitglied des bayerischen Landtages für die Partei Bündnis 90/Die Grünen ist die erste deutsche Abgeordnete, die sich offiziell als Trans*Frau geoutet hat. Auch sie spricht sich dafür aus, dass sich die Rechtslage, unter anderem mit der Abschaffung beziehungsweise Neuformulierung des TSG (durch ein Selbstbestimmungsgesetz), für Trans*Personen ändern muss. Auch muss hier das Abstammungsrecht, das bis heute die Person, die ein Kind zur Welt bringt als „Mutter“ bezeichnet und das zweite Elternteil als „Vater“ einträgt, als diskriminierend erkannt und reformiert werden. Dies kann nur geschehen, wenn auch Trans*Menschen und Trans* Frauen in ihrem Lebensweg gesehen, unterstützt und in der Politik gefördert werden. Nur mit einer ausreichenden Repräsentanz von Trans* Menschen und *Frauen in der Politik werden diese Themen priorisiert. Ein intersektionaler Ansatz ist dabei unumgänglich.
Wie können Trans*Personen besser geschützt und die Gleichstellung erreicht werden?
Um die Gleichstellung von Trans*Frauen sicherzustellen, benötigt es auf institutioneller und struktureller Ebene noch sehr viel Arbeit. Auf institutioneller Ebene muss Deutschland im Bundesgesetz nachziehen. Das heißt, das Transsexuellengesetz muss abgeschafft beziehungsweise reformiert werden. Hierfür ist es wichtig, dass sich nicht nur die Politik mit diesem Thema beschäftigt, sondern auch die Notwendigkeit, Trans*Frauen eine Stimme zu geben, in der Gesellschaft Fuß fasst. Denn nur mit der Unterstützung der Bevölkerung und der damit einhergehenden Vertretung dieser auf politischer Ebene durch Wahlen, kann eine Veränderung geschehen. Hierfür ist es wichtig in Aufklärungsarbeit zu investieren. Trans*Frauen und *Männer müssen explizit im AGG erfasst werden, auch ohne eine geschlechtsangleichende Operation. Diese Personen rein unter „Geschlecht“ zusammenzufassen reicht dabei nicht.
Nicht nur muss die Schieflage der Gleichberechtigung von Frauen* in Deutschland ganzheitlich anerkannt werden, auch müssen hier explizit Trans*Frauen sichtbarer gemacht werden, denn die Diskriminierung von Trans*Frauen ist vielschichtig und kann ohne den Kampf gegen Transmisogynie und Transphobie in der Gesellschaft nicht angegangen werden.
Beispielsweise sollte es sich die Bundesregierung zur Aufgabe machen, Daten zur Diskriminierung von Trans*Personen, insbesondere von Trans*Frauen, in Deutschland zu erheben. Somit würde es bei einer einheitlichen Ausgangslage und veröffentlichten tatsächlichen Problemen von Trans*Frauen, leichter fallen, Antidiskriminierungsstrategien und -programme zu entwickeln, um Trans*Frauen in jeder Lebenslage zu unterstützen.
Von Marie Bahls
Foto: Sharon Mccutcheon/unsplash